Zwischen Dezentralisierung und Professionalisierung
Zwei Schlagwörter im deutschen Gesundheitswesen: Einserseits immer schön nah am Patienten, andererseits entsteht keine Professionalität, wenn alles in Atome zerfällt. Das kennt man schon seit Jahren aus der Krankenhauslandschaft. Jedes (Kleinst-)Krankenhaus sollte möglichst Vollversorger sein – nicht zuletzt, weil es der Politgrande vor Ort (wahlweise MdB oder Landrat) es so wollte. Plötzlich fingen die Kosten an zu explodieren und siehe da, es muss anders gehen. Aber Strukturwandel tut auch weh. Davon können Montanindustrie und Landwirtschaft ein nicht so fröhlich Liedchen trällern.
Ein ähnliches Phänomen zeichnet sich langsam aber sicher im Apothekenmarkt ab. Die Ein-Mann/Frau-Einheit, wo Tiegelchen an Tiegelchen befüllt und persönlich besprochen werden, verliert an Boden. Großes Jammern setzt ein, ob des vermeintlichen Zerfalls von funktionierenden Strukturen. Bloß: Wenn die Strukturen so gut funktionieren, warum will dann keiner mehr im mit dunklen Holz vertäfelten Creme-Labor arbeiten und oftmals Däumchen drehen? Richtig, weil sich auch die Ansprüche der Mitarbeiter – nicht selten als Fachkräfte bezeichnet – geändert haben und sie sich in dunklen Hinterzimmern mutterseelenallein nicht mehr wohlfühlen. Lieber haben sie einen ninetofive Job und können im Job auch noch was hinzulernen – von anderen.
Diese Entwicklung nur zu verdammen ist töricht. Es zeigt sich immer wieder, dass Menschen in einem anspruchsvollen Team viel motivierter sind und sich gegenseitig inspirieren. Wer den ganzen Tag hingegen nur mit einem über mangelnden Umsatz brummelnden Chef zusammen ist, der kriegt natürlich die Krise. Die Team-Kreativität – im großen Stil heißt das dann Schwarmintelligenz – führt am Ende auch zu mehr Professionalität. Große Einheiten sind nicht schlechter in Sachen Service und Zuverlässigkeit – im Gegenteil. Arbeitsteilung ist der Königsweg einer modernen Volkswirtschaft. Diese Erkenntnis ist schon ziemlich alt.