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Wie Politiker als Marke funktionieren

Foto: European's People Party |License: CC by 2.0
Foto: European’s People Party |License: CC by 2.0

Wie alle 4 Jahre starten wir demnächst wieder in die Bundestagswahlkampfsaison, die bis in den Herbst 2017 begleiten wird. Wer erinnert sich noch an den Bundestagswahlkampf 2013? Wie in allen Bundes- und Landtagswahlkämpfen der Vorjahre waren wir mit plumpen, uninspirierten Slogans wie „Reichtum für alle!“, „Die Scheiß Miete ist zu hoch!“ oder dem allmächtigen Stinkefinger des Peer Steinbrück konfrontiert, der sich den Bundestagswahlkampf allerdings zunutze machte, um den Plot für sein Selbsthilfebuch „Wie lasse ich kein Fettnäpfchen aus und verliere nebenbei Wahlen? Für Dummies“ zu entwickeln, indem er das Amt des Bundeskanzlers arm rechnete, während er selbst im Fadenkreuz der Öffentlichkeit stand, als bekannt wurde, wieviel Geld er, neben seiner Tätigkeit als Bundestagsabgeordneter, mit Vorträgen verdiente.

Unvergessen natürlich, wie er den Lesern des SZ-Magazins vom Cover aus den Mittelfinger entgegenstreckte.

Mit welchen Slogans und welcher Agenda die CDU 2013 versuchte zu punkten, daran kann ich mich leider nicht mehr erinnern. Was mir und sicherlich auch den meisten Politikinteressierten im Gedächtnis geblieben ist, ist die Tatsache, dass die Kampagne der CDU darauf ausgelegt war, Bundeskanzlerin Angela Merkel zum Lifestyle zu erklären. Mit großen Erfolg – fast gelang es der CDU, quasi ohne erwähnenswertes Programm, aber mit der vollen Dröhnung „Mutti“, die absolute Mehrheit zu erzielen.

Aber wie hat das Wahlkampfteam der CDU es geschafft, aus einer Politikerin, die alles andere als eine Rampensau ist und als konsequenter Gegenentwurf zu ihrem Vorgänger, Medienkanzler und permanenter sich-auf-die-Brust-Trommer Gerhard Schröder zu betrachten ist, einen (Social) Media Star zu machen? Political Branding ist das Stichwort. Die folgenden vier Anhaltspunkte geben Aufschluss darüber, wie man in der Politik erfolgreich und auf glaubwürdige Weise eine Marke bildet.

1. Setze auf Beständigkeit
Sowas nennt man beim Tennis wohl Matchball. Als amtierende Bundeskanzlerin, die Deutschland seit 2005 zu Erfolgen, aber auch durch schwere Krisen geführt hat, wusste jeder Wahlberechtigte, was sie bereits geleistet hat und wozu sie fähig ist. Auch war von Vorteil, dass sie sich in all den Jahren nur sehr selten zu vorschnellen Handlungen hat hinreißen lassen, sondern lange (für den einen oder anderen zu lange) Meinungen und Situationen miteinander abgewogen hat, um im Zweifelsfall den geringsten Schaden in Kauf nehmen zu müssen.

2. Gib‘ Deinem Publikum ein Gefühl von Integrität
Angela Merkel ist eine Meisterin, wenn es darum geht, nicht unbedingt zu jedem Thema ein Statement abzugeben und sich dadurch der Gefahr auszusetzen, dem politischen Gegner und den Medien Angriffsfläche zu bieten.

Sie bekam sehr viel Zuspruch (nicht nur aus der muslimischen Bevölkerung und Wählerschaft), aber auch Kritik (vor allem aus den eigenen Reihen) dafür, dass sie in der Tradition von Christian Wulff den Islam als Teil von Deutschland bezeichnete.

Im Gegensatz weigerte sie sich stets, sich eindeutig zum Thema „Homo-Ehe“ zu äußern, mit dem Hinweis, dass sie dieses Thema nie aktiv bearbeiten würde, sich aber auch niemals querstellen würde, sollte in ihrer Partei die Gleichstellung der gleichgeschlechtlichen Partnerschaft mit der herkömmlichen Ehe thematisiert werden.

Obwohl dieses Statement sehr schwammig anmutet, machte Merkel damit deutlich, dass sie bereit ist, sich für Fortschritt zu öffnen – aber nur, wenn sie merkt, dass die Zustimmung eine kritische Masse erreicht hatte. Eine sehr geschickte Methode, auf das Publikum, oder: den Wähler, oder: in diesem Fall die Meinung in der Partei zu erfragen, um sich breite Zustimmung für ein Thema, das in der breiten Gesellschaft bereits weitaus offener und liberaler diskutiert wurde.

3. Mach‘ Dein Markenzeichen zum Kult
Ob RonaldinhoLady GaGa oder Jay-Z: sie alle haben Handbewegungen gemacht, die untrennbar zu ihrer Marke gehören. Und auch die sogenannte Merkel-Raute der Bundeskanzlerin gehört zu den bekanntesten Handgesten weltweit.

Grund genug, dass die CDU im Bundestagswahlkampf 2013 davon ein riesiges Wahlplakat, um nicht zu sagen, das größte Wahlplakat, das jemals in Deutschland hergestellt worden ist, zu produzieren und an prominenter Stelle am Berliner Hauptbahnhof, gegenüber von Angies Amtssitz, dem Bundeskanzleramt zu postieren.

Mehr Politik-Marketing und mehr WIedererkennungswert geht nicht! Auch, wenn Ritter Sport sich im Hauptbahnhof auf originelle Weise die verschiedenen Sakkofarben der Bundeskanzlerin zum Anlass für ein Werbeplakat genommen hat.

4. Benutze Social Media auf originelle Weise
Ohne das Internet geht auch in der Politik nichts. Haben sich in der Vergangenheit bereits zahlreiche Politiker auf mehr oder weniger seriöse Art und Weise daran versucht, das junge, internet-affine Publikum anzusprechen, gelingt auch das dem Marketing-Team der Bundeskanzlerin nahezu spielerisch.

Anstatt der Öffentlichkeit vorzugaukeln, sie würde aktiv twittern und bloggen, gab es neben der obligatorischen Facebookseite nur eine wöchentliche Rubrik auf ihrem Youtube-Channel, auf dem Sie die Öffentlichkeit in wenigen Minuten auf den neuesten Stand brachte, welche Themen sie im politischen Berlin gerade bewegten.

Durch die wöchentliche Ausstrahlung wurde Beständigkeit geschaffen und Angela Merkel musste nur das an Öffentlichkeitsarbeit tun, was ihr lieb war (und für das sie am Ehesten Zeit zur Verfügung stellen konnte).

Keine toten Twitter-Accounts, die nur eine handvoll Tweets enthalten und irgendwann verwahrlost sind, einzurichten, weil sie dem Kandidaten aufgeschwatzt wurden, um so etwas wie Bürgernähe zu suggerieren, sondern nur solche Medien zu verwenden, die zum Kandidaten passen, ist ein weiteres Geheimrezept von Angela Merkel, aber auch allen anderen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, die eine starke Marke aus sich gemacht haben.

Seit Juni 2015 ist die Bundeskanzlerin auch auf Instagram, der derzeit beliebtesten Social Media-Plattform für Fotos, vertreten. Auch hier verzichtet Angela Merkel auf Selfies, selbstgemachte Schnappschüsse oder Bildunterschriften in der Ich-Form.

Kein pseudo-Hinter-den-Kulissen-Getue. Stattdessen findet man dort sehr hochwertige, elegante Inszenierungen ihrer politischen Termine. Fast so, wie man eine edle Automarke wie BMW, Mercedes oder Porsche inszenieren würde.

Kein Zufall, dass die Befragten einer GMK-Studie aus dem Jahr 2013 angaben, Angela Merkel sei für sie eine Premiummarke, die sie mit Mercedes-Benz assozieren.

Mit Erfolg: derzeit hat die Bundeskanzlerin knapp 187.000 Follower und trägt ihre Marke erfolgreich ins vorwiegend jugendliche Instagram-Publikum, obwohl der Jugend immer eine gewisse Politikverdrossenheit nachgesagt wird. Kommende Politiker-Generationen sollten sich Notizen machen und lernen.

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