Regierungskoalition will Lobbyregister vorantreiben
Am 25.08. ist der Erstentwurf der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD bekannt geworden – dieser liegt der Autorin vor. Die geplanten Maßnahmen, einige Hintergründe, aber auch Unklarheiten und notwendige Konkretisierungen soll dieser Beitrag beleuchten. Wie geht es dann im Herbst weiter?
Inhalt
Der Gesetzentwurf/Antrag beinhaltet drei zentrale Maßnahmen:
- Schaffung einer Registrierungspflicht für diejenigen, die direkte Einflussnahme auf den Bundestag ausüben möchten–>„Lobbyregister“
- Interessenvertreter sollen sich einen Verhaltenskodex geben. Dieser soll neben Leitlinien für eine integre Interessenvertretung auch ein öffentliches Rügeverfahren beinhalten.
- Das Bundesinnenministerium soll sanktionieren können, wenn gegen die o.g. Registrierungspflicht verstoßen wird.
Hintergrund
Nicht zuletzt die Causa Amthor hat die Arbeit deutscher Interessenvertreter ungerechtfertigter Weise in Misskredit gebracht. Als Bundestagsabgeordneter hatte Philipp Amthor einer amerikanischen Firma Kontakte zum deutschen Wirtschaftsministerium vermittelt und dafür eine Reihe an (finanziellen) Vergünstigungen erhalten. Nachdem die Parteien Bündnis90/Die Grünen, Die Linke sowie die SPD seit längerem auf eine stärkere Kontrolle der Lobbyaktivitäten pochen, hat der jüngste Zwischenfall nun offenbar auch die Unionsparteien dazu bewogen. Der vorliegende Entwurf zielt aber nicht auf den Umgang von Mandatsträgern mit der freien Wirtschaft ab (Mandatslobbyismus). Das freie Mandat ist und bleibt zentral. Vielmehr konzentriert sich der Gesetzgeber ausschließlich auf die Interessenvertretungen, die Umgang mit Parlamentsvertretern pflegen. Es ist unwahrscheinlich, dass die bestehenden Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages angepasst werden.
Unklarheiten
- Nur Parlament im Fokus: Der Entwurf zielt lediglich auf die Einflussnahme auf den demokratischen Willensbildungs- und Entscheidungsprozess des Deutschen Bundestags ab. Die Bundesregierung, bestehend aus der Bundeskanzlerin sowie den Leitungsebenen der Bundesministerien, bleibt außen vor.
- Mit welcher Begründung besteht keine Registrierungspflicht u.a. für Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände oder Kirchen?
- Die Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters muss von Anbeginn sorgfältig auf mögliche grundrechtliche Auswirkungen und auf Verhältnismäßigkeit geprüft werden.
- Inwieweit schafft ein Lobbyregister tatsächlich mehr Transparenz? Welche Erfolge konnten solche Register in den USA, auf europäischer Ebene und anderen Mitgliedstaaten bereits erzielen? Sind diese Erfahrungen in den Entwurf eingeflossen? (Link)
Notwendige Konkretisierungen
- Wann müssen sich Rechtsberatungen registrieren, die die Interessen ihrer Mandanten (dies können auch Interessenverbände sein) wahrnehmen? Es finden sich drei unterschiedliche Handhabungen.
- Es bedarf einer Konkretisierung, welche Angaben über die Auftraggeber gemacht werden müssen:
- § 2 Registerinhalt (1) Im Register werden eingetragen:
- f) Angaben zu Auftraggebern, zumindest der Branche, für welche Interessenvertretung betrieben wird, wenn die Interessenvertretung Fremdinteressen betrifft,
- § 3 Grundsätze integerer Interessenvertretung:
- (3) Interessenvertreter müssen (a) ihre Identität und die Anliegen ihres Auftrag- oder Dienstgebers offenlegen; (b) über sich und ihren Auftrag bei der Interessenvertretung zutreffende Angaben machen
- § 2 Registerinhalt: (1) Im Register muss folgendes offengelegt werden: h) Daten zu jährlichen finanziellen Aufwendungen, i) die Offenlegung von Zuwendungen, Zuschüssen, Spenden sowie die j) Offenlegung von Jahresabschlüssen. Diese Offenlegungspflichten müssen dringend konkretisiert werden.
- § 2 Registerinhalt (2): Die Angabe der Daten h- j kann verweigert werden. Wenn dies der Fall ist, wird man in einer gesonderte Liste eingetragen – sozusagen eine Blacklist. Interessenvertreter, die auf dieser Liste stehen, erhalten keinen personalisierten Hausausweis für die Liegenschaften des Bundestags. Über diese Handhabung sollte erneut debattiert werden.
Ausblick
Der jetzige Entwurf datiert vom 17. August. Bis zur ersten Sitzungswoche des Bundestags (KW 37, ab 7.9.) wird der Entwurf weiter überarbeitet und voraussichtlich an einigen Stellen konkretisiert. Im Oktober soll Stand heute das parlamentarische Verfahren beginnen und auch eine öffentliche Anhörung stattfinden. Ziel der Koalitionsfraktionen ist es, das Lobbyregister noch dieses Jahr auf den Weg zu bringen – und das, obwohl im aktuellen Koalitionsvertrag dazu nichts vereinbart wurde.