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Energiewende betrifft Erzeugung und Verteilung

Vor acht Jahren wurde sie eingeläutet, die deutsche Energiewende. So lange ist das Tsunami-Unglück von Fukushima her und damit die Ankündigung der damaligen Bundesregierung vom Ausstieg des Ausstiegs wieder auszusteigen und sich endgültig von der Atomkraft in Deutschland abzukehren. Seit dem wird noch stärker auf sogenannte erneuerbare Energieträger (Sonne, Wind, Wasser, Biomasse) gesetzt. Dieser Trend wird sich mit dem nunmehr auch beschlossenen Kohleausstieg – der Steinkohleabbau ist schon vorbei, die Braunkohle wird in ca. 20 Jahren von heute folgen – noch verstärken. Was bedeutet das für die Energiewirtschaft?

Erstens wird die Herausforderung an die Erzeuger wachsen. Strom bzw. Elektrizität ist – das zeigen jüngste Blackouts – nach sauberer Luft und sauberem Wasser das wichtigste Gut der öffentlichen Daseinsvorsorge. Zweitens bedeutet das automatisch, dass auch die Herausforderungen für die Netzbetreiber steigen werden. Erzeugung und Verteilung ist in Deutschland getrennt. Während es bei der Erzeugung einen Markt und die Leipziger Strombörse Dreh- und Angelpunkt ist, wird die Verteilung bis ins kleinste reguliert. Zuständig dafür ist die Bundesnetzagentur in Bonn.

Die Erzeugung ist zweifelsohne notwendig. Aber ohne das Verteilen bis zur letzten Steckdose wäre sie maximal eine hinreichende Bedingung. Das deutsche Stromnetz ist so komplex wie es die Anforderungen sind: Das Netz funktioniert nur einwandfrei bei einer gleichbleibenden Spannung von etwa 50Hertz – nicht ganz ohne Grund hat sich ein großer deutscher Netzbetreiber so genannt. Allein dieses Unternehmen stellt Leitungskapazität für rund 18 Millionen Menschen in Deutschland zur Verfügung. Neben der Spannungsstabilität braucht es Hochspannungs-Übertragungsleitungen, Mittelspannungsnetze in Regionen und kommunale Niedrigspannungsnetze. Vor welchen Herausforderungen die Netzbetreiber derzeit stehen, zeigt z.B. die Diskussion um die geplante Übertragungsleitung Südlink. Sie soll regenerativen Windstrom von den Küsten in die Abnehmerländer nach Süden transportieren und keiner will die Trasse vor der Tür haben. Doch damit nicht genug: Die Umstellung der Erzeugung von wenigen Großanlagen (Atom, Kohle, Gas) auf viele kleine, dezentrale Erzeugungsanlagen (Windmühlen, PV-Dächer und -Wiesen, Biogasanlagen) hat zur Folge, dass das Netz immer weiter angepasst und ausgebaut werden muss, um Stabilität gewährleisten zu können.

Aber auch das ist nicht das Ende der Fahnenstange: Zunehmend fangen genossenschaftliche Stromerzeuger an, im Netz eigene Aktivitäten zu entfalten. Der sogenannte Mieterstrom muss also ebenfalls vom gesamten Stromnetz gemanagt werden. Nicht zuletzt hat die deutsche Energiewirtschaft massive Implikation auf den europäischen Strommarkt insgesamt. Das Stromnetz kennt tendenziell keine Grenzen. So fliesst z.B. an einem sonnigen und relativ windigen Hochsommertag jede Menge deutscher Grünstrom über die Grenzen. Die Abnehmer bekommen z.T. noch Geld dafür, dass sie deutschen Überfluss(öko)strom abnehmen. Während in Österreich die Wasserkraftwerke diesen Strom tagsüber nutzen, um ihre Wasserspeicherseen wieder vollzupumpen, können Länder wie Polen oder Frankreich (hat selbst Atomüberkapazitäten) weniger mit der milden deutschen Gabe anfangen.

Welche Fragen drängen sich hier für Unternehmen in diesem Markt auf? Grundsätzlich gilt, alle Baustellen parallel zu bedienen, ist so gut wie unmöglich. Schwerpunkte der Betrachtung müssen her.

  1. Was ist mit dem Blindstrom der Händler für die Netzsstabilität? Sie müssen diesen Strom zwar relativ teuer an der Börse einkaufen, zahlen aber derzeit keine Netzgebühren für die Durchleitung.
  2. Werden Netzgebühren nach Durchleitung oder Kapazitätsbereitsstellung erhoben?
  3. Wie kann Blockchain-Technolgie die abertausenden dezentralen Akteure im sog. Smart-Grid steuern? Auch mit Blick auf Speichertechnologien und bald massentaugliche, individuelle Elektromobilität
  4. Welche Ausbildungsstandards müssen auf den Netzwarten gelten und wo kommen die gut ausgebildeten Leute her? Lt. einem deutschen Netzbetreiber waren vor nicht einmal zehn Jahren fünf bis zehn ernsthafte Netzsituationen pro Jahr zu verzeichnen und zu managen. Heute sind es 120 pro Woche. Diese Fälle müssen im Viertelstundentakt an die Bundesnetzagentur gemeldet werden. Das erfordert Know-how.
  5. Schaut ein Versorger verstärkt auf lokale und regionale Konzessionen und wenn ja, was ist die Strategie dabei?
  6. Ist der europäische Strommarkt und damit das europäische Netz der Fokus der Betrachtung? Brüssel ist sehr darauf bedacht, keine europaweiten Blackouts verantworten zu müssen.
  7. Wie erfolgt in Zukunft die Zuordnung von Speichertechnologien? Gehören diese zur Erzeugerseite (Markt) oder zur Netzseite (Vollregulierung)?
  8. Wie wirken sich Zertifikate im Zusammenhang mit der Klimaschutzgesetzgebung auf den Erzeugermarkt und die Netzverteilung sowie -steuerung aus?

Viele Punkte sind einfach nur schlaglichtartig aufgeworfen. Aber es wird rasch deutlich, dass die Komplexität der modernen Energiegewinnung und Stromversorgung gar nicht überschätzt werden kann.

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