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Public Affairs-Beratung und gesellschaftliche Transformation

Die Zeichen der Zeit sind kaum noch zu übersehen. Es wird immer deutlicher, dass die Art und Weise, wie wir leben, arbeiten und wirtschaften an die vornehmlich natürlichen Grenzen stößt. Stichworte wie Klimawandel, Rückgang der Artenvielfalt und damit Biodiversität, Wassermangel, Luftverschmutzung u.v.m. sind in aller Munde. Von menschengemachten kriegerischen Auseinandersetzungen ganz zu schweigen. Global gesehen gibt es ganz unterschiedliche Betroffenheiten – von fast gar nicht bis hin zur Existenzvernichtung. Klar ist, ohne das kooperative Streben nach Ausgleich der Ressourcen wird es nicht gehen. Die Frage, die sich aufdrängt: Welchen Beitrag kann eine politisch-orientierte Unternehmensberatung hier leisten? Diese Frage kann selbstredend auf die ganze Public Affairs-Branche ausgeweitet werden.

Keine Produktion und übersichtlicher Ressourcenverbrauch

Im Vergleich zu den großen Sektoren unserer Wirtschaft wie Industrie, Energie, Verkehr, Bau- und Landwirtschaft verfügen Beratungen nicht über energie- und ressourcenintensive Produktionsmittel, die sie auf Klimaneutralität trimmen können bzw. müssen. Daher muss die Transferleistung notwendiger Weise eine andere sein. Neben den „harten Fakten“ in der Beratung bei Bedrohung des ökonomischen Geschäftsmodells kommen, immer mehr Faktoren zum Tragen, die klassische Industriebetriebe aus der Wirtschaftswunderzeit gar nicht unmittelbar auf dem Radar hatten: Was ist mein sozialer Beitrag lokal, regional oder auch darüber hinaus? Was muss ich Angestellten bieten, damit diese die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit sehen und sich angemessen entwickeln können? Verbrauche ich nicht zu viele oder nur über sehr lange natürliche Zeiträume zu ersetzende Rohstoffe? Dieser Fragenkatalog ließe sich fast beliebig fortführen.

Soziale Positionierung vs. ökonomische Prioritäten

Heutige Geschäftsmodellbetrachtungen müssen also weit über das Ökonomische hinausgreifen. Es braucht viel mehr Antworten als noch im letzten Jahrhundert. Wohlstand erfordert Wachstum – ist diese Formel noch gültig? War sie jemals gültig? Ein Wachstum, das die Lebensgrundlagen aller Menschen nicht überfordert, dürfte unbedenklich sein. Ein Wachstum, wo viele einen hohen Preis zahlen und andere die Einnahmen erzielen, wohl eher nicht. Erstes Umdenken hat Anfang der 1990er Jahre eingesetzt: Der Erdgipfel von Rio, die erste globale Konferenz seiner Art, hat 1992 für Diskussionen an Universitäten, in Unternehmen und auch in der Politik gesorgt. Die „Club of Rome“-Bewegung hier einmal nur für den Hinterkopf, sie ist 20 Jahre älter. Konsum steht nach wie vor für die Wirtschaft im Vordergrund. Erzeugte Produkte müssen verkauft werden, einfach und klar. Aber immer mehr Menschen – weltweit ab einer gewissen Wohlstandsstufe – wollen das Soziale und Gemeinwohlorientierte ihres Handelns in den Vordergrund stellen. Sie sehen die Zukunft aus einer Haltung heraus und nicht als einen unabänderlichen Zustand.

Bürger als Konsumenten oder konsumierende Bürger?

Der Philosoph Michael Sandel, der durchaus auch engen Austausch mit Bundeskanzler Olaf Scholz pflegt, hat im SPIEGEL diese Aussage getätigt: „Wir sehen uns heute mehr als Konsumenten denn als Bürger. Und seit rund 50 Jahren gilt die Annahme, dass Konsumieren der alleinige Zweck der Wirtschaft sei. Das geht zurück auf Adam Smith und John Maynard Keynes. So eng dürfen wir die Wirtschaft aber nicht verstehen, wir müssen den politischen Zweck sehen.“ Hier dürfte ein Schlüssel für viele Unternehmen liegen – und auch für die unternehmerische Politikberatung. Immer mehr Unternehmen bekennen sich zu den sog. ESG-Kriterien, also Environment/Umwelt, Social/Gesellschaft und good Governance/vorbildliche Unternehmensführung. Es gibt im Bau- bzw. Gebäudebereich z.B. viele Nachhaltigkeitszertifikate und Projekte, die den Kreislaufgedanken angenommen haben. In der Europäischen Union gibt es die Taxonomie-Regeln, die Geld in „gute und nachhaltige“ Investments leiten sollen. Das ist zweifelsohne gut. Aber reicht es auch, aus einem jahrzehntelangen, global-vernetzten System einfach auszuscheren? Beratung kann (und sollte) eine anderen, neue Perspektive in bestehende Strukturen bringen. Vielleicht auch mal ein System komplett überdenken und hinterfragen.

Beispiele aus der Transformationsforschung

Eine bekannte und renommierte deutsche Forscherin auf diesem Gebiet, Maja Göpel, spricht von Vernetzung, zeitlicher Dynamik und der Zielausrichtung eines Systems. An einigen interessanten Beispielen kann man sich Veränderungsprozesse und deren Ergebnisse gut veranschaulichen. So hat z.B. Paris in den letzten Jahren eine echte Mobilitätswende angestoßen. Aber eben nicht nur die Autos elektrifiziert oder ein ÖPNV-Ticket vergünstigt. Es braucht offenbar eine übergeordnete Idee, um systematisch etwas zu verändern. Das Gleiche gilt für unseren Blick auf den Wald bzw. die Forstwirtschaft: Wollen wir immer nur mehr Holz rausholen, das am Ende doch nicht reicht für unsere Bedürfnisse an Bau- oder Heizmaterial? Oder müssen wir einen Wald – egal ob lokaler Forst oder Regenwald – nicht als gesundheitserhaltendes Ökosystem (Sauerstoff, Artenvielfalt, Wasserhaushalt etc.) für alle Menschen und Tiere betrachten? Zielstellungen können und müssen im zeitlichen Verlauf immer wieder angepasst werden. Ein anders Beispiel, das bekannt ist für einen echten Wandel, ist ein Lebensmittelversorgungsprojekt in einer der größten Städte Brasiliens, Belo Horizonte. Dort wurde Anfang der 1990er Jahre begonnen, das entsprechende Versorgungssystem neu auszurichten: Bezahlbare Lebensmittel für alle Menschen, egal wie hoch ihr Einkommen ist. Klingt simpel, es machte aber die Umstellung eines ganzen Systems erforderlich.

Pandemie, Klima -und Energiekrise stellen Fragen nach der Resilienz

Die Anfälligkeit unserer ausdifferenzierten, zivilisierten Welt hat die Corona-Pandemie gezeigt, die das Gesundheitswesen enorm herausgefordert hat. Der Klimawandel und die damit einhergehenden Extremwetterereignisse fordern beispielsweise die Metropolenstädte und Mega-Cities heraus. Resilienz heißt das neue Schlagwort – Widerstandsfähigkeit. Erfahrungsgemäß erfolgen Anpassungsprozesse langsamer als Veränderungsvorgaben – aus welcher Richtung auch immer: Ökologie, Krieg, Krankheit, Wassermangel etc. Mit Blick auf politische Prozesse bekommt Resilienz aber auch noch eine andere Dimension. Wie müssen sich Gesellschaften politisch organisieren, um mit negativen Entwicklungen von außen so umzugehen, dass ein Krisen-Management Teil des politischen Alltags wird? Oder anders herum, eine Krise für weniger Stress im politischen Handeln sorgt? Hinsichtlich der Wirtschaft müssen wir uns die Frage stellen, ob wir langfristig Quantität oder (Lebens-)Qualität wollen? Philosoph Sandel formuliert es so: „Wer das Kartellrecht einfach nur als Instrument sieht, um preistreibende Monopole zu verhindern, lässt die zivilgesellschaftliche Dimension von Politik außer Acht.“

Fazit:
Ist unsere Beratung auf ein System ausgerichtet oder nur auf einen Systemteil? Welche Dynamiken werden durch bestimmte Regulierungsaktivitäten über die Zeit ausgelöst? Wie kann ein Ziel so formuliert werden, das es sowohl der „Teilmenge“ (z.B. wirtschaftliches Unternehmensinteresse) als auch dem System Gesellschaft insgesamt zugute kommt? Die Transformationsforschung spricht von „Transformation by Design“. Ein Entwurf also für ein ganzes System, wo sich dann die Zieldefinitionen gegenseitig verstärken und nicht konterkarieren. Zugegeben, das sagt sich alles leicht. Wie lässt es sich umsetzen? Das ernsthafte Beginnen, die Gedanken Richtung notwendiger Veränderung einem Projekt voranzustellen, ist mit Sicherheit der Anfang.

Geschäftsführender Gesellschafter

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