Gesetz spekuliert mit der Zukunft
Zugegeben, es gibt keine Vorlage für diesen politischen Vorgang: Die Europäische Union kannte bisher nur das Wachstum. Jetzt steht mit dem Brexit ein Schrumpfen bevor. Da geht es hoch her – auch außerhalb des Vereinigten Königreichs. So hat der Deutsche Bundestag in der vergangenen Woche ein bemerkenswertes Gesetzespaket mit breiter Mehrheit verabschiedet. Das „Brexit-Übergangsgesetz“.
So wie der Vorgang an sich einmalig ist, hat auch dieses Gesetz einen ziemlich einzigartigen Charakter. Es ist ein Gesetz auf „Verdacht“. Zwar kommt der Austritt Großbritanniens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit. Zum Stand heute (22.1.) ist aber keineswegs sicher, ob „geordnet“ oder „ungeordnet“. Auf Ersteres zielt das verabschiedete Gesetz ab, das am 29. März in Kraft treten muss. Es basiert auf dem bisher mit der EU verhandelten Abkommen für ein geordnetes Verlassen der Gemeinschaft. In der vorausgegangenen einstündigen Debatte wurde aber auch klar, dass im Deutschen Bundestag viele nicht mehr so richtig daran glauben wollen, dass UK „geordnet“ die EU verlässt. So warf Alexander Graf Lambsdorff der Bundesregierung eine „Vogel-Strauß-Politik“ vor. Das vorgelegte Übergangsgesetz lasse außer Acht, dass das britische Unterhaus dem Austrittsabkommen noch gar nicht zugestimmt habe. Wenn das nicht passiere, komme es zu einem chaotischen Austritt, der ganz andere Maßnahmen erfordere als das vorgelegte Gesetzespaket.
Das sogenannte Brexit-Übergangsgesetz mit der Drucksachen-Nummer 19/5313 wurde jedoch auf Empfehlung des Ausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union verabschiedet und trifft damit Vorkehrungen für den vereinbarten zweijährigen Übergangszeitraum nach dem geplanten EU-Austritt Großbritanniens Ende März.