Kann Public Affairs Krise?
Spoiler: Ja! Gerade jetzt ist die Einmischung von allen aus der Wirtschaft mehr als gefragt. Im SPIEGEL 44 findet sich ein lesenswertes Interview mit dem Bonner Philosophen Markus Gabriel. Da geht es im Wesentlichen um eine neue Form des Kapitalismus, nämlich den ethischen Kapitalismus. Jetzt runzeln sich wahrscheinlich einige Stirnen: Was hat das genau mit Public Affairs-Beratung zu tun? Der gedankliche Bogen ist relativ leicht zu spannen.
Ökonomie statt Populismus
Einerseits bleibt festzustellen, dass wir uns Herausforderungen gegenübersehen, die für einzelne Bereiche wie Politik oder Wirtschaft zu groß sind. Für einzelne Menschen erst recht. Transformationsprozesse begegnen uns in allen Sphären des Lebens: Energie, Bau, Mobilität, Digitalisierung u.v.m. Sie sind auch notwendig, um Problemen wie Klimawandel, Populismus oder Fake-News-Verbreitung zu begegnen. Das sind nur ein paar Stichworte. Der erste Reflex ist, die Demokratie vor feindlichen Übergriffen wie eben beispielsweise Populismus zu schützen. Soweit so richtig. Andererseits und hier lässt sich sehr gut Philosoph Gabriel zitieren (Interview im SPIEGEL 44, S. 60 ff.): „Im Moment bekommen ökonomische Themen nicht die Aufmerksamkeit, die sie verdienen. Wir sprechen dauernd über die Wahlerfolge der Populisten und stellen die Migrationsdebatte ins Zentrum der öffentlichen Kommunikation. Dabei sind Wirtschaftsfragen viel drängender. Eigentlich müssten die Menschen in jedem Café über den Bundeshaushalt sprechen.“ Da sagt er was!
Mischt Euch ein!
Genau hier muss auch unsere Politikarbeit ansetzen. In einem früheren Beitrag hier im Blog „Mischt Euch ein!“ ging es schon einmal um das Thema, wie sich gerade mittlere und kleine Unternehmen in die politischen Debatten einbringen können. Und dabei geht es nicht immer nur um knallhartes Lobbying à la „kill the bill“. Es geht um eine breit unterfütterte Agenda mit Themen, die übergeordnet politisch relevant sind. Die Lebenswirklichkeiten heute sind zu komplex und vielschichtig, als dass sie in einer – wie auch immer gearteten Parteienkonstellation – in einer Legislatur von vier oder fünf Jahren vom „Kopf auf die Füße“ gestellt werden.
Da alles Wirtschaften auch politisch ist – Arbeitsplätze, Umweltge- und Flächenverbrauch, Produktsicherheit, Standortbedingungen u.v.m. – liegt auf der Hand. Daraus ergibt sich auch, dass unser Wirtschaftssystem wie es heute existiert, also die kapitalistische (soziale) Marktwirtschaft, nur über ihre eigenen Instrumente – intrinsisch gewissermaßen, wenn man das Adjektiv mit Blick auf ein Wirtschaftssystem anwenden möchte – im großen Stil reformiert werden kann. Bei diesem gesellschaftlichen Großprojekt bietet die Public Affairs viele spannende Instrumente und Ansätze, die es für Unternehmen zu nutzen gilt. Moralische Probleme lösen und dabei Geld verdienen – gibt es ein cooleres Projekt?!